„Kaufen Sie sich jetzt, wenn sie hier rausgehen, ein leckeres Brot und essen Sie es“, sagte am Montag mein Hausarzt und ich machte große Augen. Ist der verrückt? Ich geh doch jetzt nicht raus, kauf mir ein Brot und ess das.

Ich fühlte mich wie in einem falschen Film, einer Komödie oder einer versteckten Kamera-Aufzeichnung, denn ich lebe seit 11 Jahren glutenfrei. Und da mache ich einen Bluttest und plötzlich soll ich Gluten vertragen können?

Weil es mich und meine Ernährung so umhaut, schreibe ich nun fernab von Songwriting und Filmediting über meine Glutenunverträglichkeit und die beiden Lebenswandel, die ich dank ihr erfahren durfte.

Wie ich 2012 reagierte – Mein erster Lebenswandel durch die Glutenunverträglichkeit

Mein Essverhalten 2012 war sehr unreflektiert. Ich aß Döner, Fertigprodukte, Pizzen. Ich aß Nudeln mit Fertigsoße. Ich aß Fleisch.

Kaum hatte ich die Empfehlung mich glutenfrei zu ernähern, begann ich mich zu hinterfragen. Ich hörte auf, jeden Morgen Brötchen oder Brot zu essen und ersetzte es durch selbst gemixtes Müsli. Mit den Jahren entwickelte ich Routinen, bis ich zuletzt sogar mein eigenes Brot backte.

Die Glutenunverträglichkeit habe ich als eine Chance gesehen, mich gesünder zu ernähern. Tatsächlich ging es mir besser, nachdem ich damit begonnen hatte. Denn der Diagnose ging ein Jahr seltsamer Müdigkeit und Gewichtsverlust voran.

Wie ich 2023 reagiere – meine erste Reaktion auf das neu erlaubte Gluten

Heute ernähre ich mich vegetarisch mit möglichst wenig tierischen Produkten. In Ausnahmefällen habe ich Käse zu Hause. In Cafés trinke ich Cappuccino mit Milch, wenn es keine alternative Milch gibt.

Je mehr Gemüse und Salat ich esse, desto produktiver bin ich. Ich fühle mich wohl und kann mich meinen kreativen Prozessen mehr hingeben.

Die Nachricht, dass mein Blut keine Hinweise auf eine Glutenunverträglichkeit liefert, ist ganz frisch.

Das erste, was ich tat, als ich am Montag, den 20.2.23, erfuhr, dass ich vielleicht keine Glutenunverträglichkeit hatte, war: Ich kaufte Backcamembert und Vollkorn-Toasts, um einer Leidenschaft zu frönen, die ich als Studentin gehabt hatte.

Ich muss zugeben. Ich hatte mir das größer vorgestellt. Es war keine Offenbarung „Backcamembert auf Toast mit Preiselbeeren“ zu essen. Ich hing da einer Erinnerung an alte unbekümmerte, ungesunde Tage hinterher.

Heute ist Sonntag. Seit Montag teste ich glutenhaltige Waren. Im Café entschied ich mich für einen glutenhaltigen Kuchen. Die Tiefkühl-Weizenbrötchen, die ich schon ewig im Tiefkühlfach hatte, esse ich nun selber. Und ja, die nächsten Ideen sind: Donut testen, Pizza testen und auf Feiern glutenhaltige Brotoptionen dazu nehmen, obwohl ich auch mit den gesunden Salaten satt und sogar glücklich werden könnte.

Kaffee mit meinem ersten Shortbread seit 11 Jahren in Katie’s Blue Cat.

Ich finde es interessant, dass ich sofort diese Fast-Food-Visionen habe. Es fühlt sich an, als habe ich die Erlaubnis erhalten, mich ungesund zu ernähern. Ich möchte am liebsten alle Teigtaschen der Welt verputzen. Und ja, ich kaufe mir bald einen Donut.

Es fühlt sich nach Euphorie an, auf nichts mehr verzichten zu müssen. Aber nachdem ich den glutenhaltigen Kuchen gegessen hatte, fragte ich mich: Okay, und jetzt?

Zurück zu Gluten: Wie ich mich nicht verändern will

Es ist ein Moment der Befreiung und Austestung, aber wenn ich den Donut erst gegessen habe, den ich die ganze Zeit nicht essen konnte, und das Croissant geknackt habe, dann stelle ich fest, dass sich eigentlich gar nicht so viel für mich ändern wird. Ich will immer noch mein Gemüse und meine Frühstücksmischung aus Lein- und Hanfsamen, Sesam, Hafer, Nüssen und Obst. Denn: gesund ernähern fühlt sich einfach gut an und macht mich wach und achtsam.

Meine erste glutenhaltige Backware seit 2012.

Ich spüre schon den Überschuss an Backwaren meinen Körper fluten. Ich empfinde eine Gereiztheit, die mich stark an inaktive Tage meiner Jugend erinnert. Ich fühle mich in eine Zeit geworfen, in der ich keinen Bock hatte, mich zu zeigen. Es ist fast schon creepy, wie stark Gluten meine damalige Gefühlswelt reaktiviert.

Gluten weckt den Geist der Tage, an denen ich mich ausschließlich von Brötchen, Brot und Pizza ernährte.

Ich will jetzt aufpassen, dass ich das, was ich mir 11 Jahre aufgebaut habe, achtsam anpasse. Meine Ernährung ist mir ein hohes Gut. Meine Energie ist mir ein hohes Gut. Ich will Obacht geben und nicht zurückfallen. Ich teste mich jetzt eine Weile aus, ehe ich zurück zu meinem gedämpften Gemüse gehe.

Die Freuden meiner neuen Freiheit von Glutenunverträglichkeit

Es gibt etwas, worauf ich mich freue: auf die Reaktionen zuhause in Lohr am Main. Auf die Einfachheit des: Ich ess einfach bei allem mit, was aufgetischt wird, ohne selbst etwas organisieren zu müssen.

Ich freue mich darauf, auf jede Feier hingehen zu können, ohne mir vorsichtshalber ein Brot mitzunehmen. Ich freue mich darauf, beim nächsten Tischtennis-Spiel in Wombach (bei Lohr) eine Pizza mitbestellen zu können.

Ich merke, wie es immer mehr bei mir ankommt: Ich kann jetzt (wieder) alles essen. Es ist verrückt. Ich beobachte das Ganze und werde es noch eine Weile nicht fassen können. Und wer weiß? Vielleicht lasse ich Gluten dann wieder weg.

Selbstverantwortung statt Schuldzuweisungen: Mein Umgang mit der Situation

Sicher wird auch der Moment kommen, in dem ich herausfinden möchte, was da los war, die letzten 11 Jahre. Habe ich die ganze Zeit insgeheim Gluten vertragen oder haben der Selleriesaft, die Leberreinigungen, die vegetarische Ernährung und die Meditationen nach Joe Dispenza etwas mit der Veränderung zu tun?

Ich bin eine Frau, die Verantwortung für ihr Leben übernimmt. Ich würde niemals mit dem Finger auf einen Arzt zeigen und sagen: Du bist Schuld oder das Gesundheitssystem ist Schuld, dass ich 11 Jahre eine Lüge gelebt habe. Denn 1. ging es mir wirklich besser nachdem ich mich glutenfrei ernährt hatte und 2. war es meine Entscheidung gewesen, die damalige Empfehlung meines Arztes umzusetzen und einzuhalten.

Ich bin gespannt, wie sich meine Ernährung nun verändert. Was wird sich gut anfühlen und was nicht? Gerade kann ich sagen: Überall zuschlagen zu können, fühlt sich nach Freiheit an.

Käsekuchen mit glutenhaltigem Boden im THE BARN Coffee Roasters Berlin.

4 Comments

  1. Hallo liebe Tanja,
    Endlich habe ich mir die Zeit genommen und diesen Artikel gelesen. Das wollte ich schon so lange tun. Aber da ich mich zur Zeit selbst viel mit meiner Gesundheit beschäftige und wieder mal über das Thema Glutenunverträglichkeit gestoßen bin, erinnerte ich mich an deinen Post zum Artikel.
    Mich interessiert, ob du inzwischen noch mal reflektiert hast, ob der Selleriesaft, die Dr. Joe Medis und Co zu deiner neuen Freiheit geführt haben. Oder ob du tatsächlich heimlich Gluten vertragen hättest?
    Ganz liebe Grüße und Drücker Anja 😘🙏🏻☘️

    1. liebe Anja,

      vielen Dank für deine Nachricht. gut dass du dich so viel mit deiner Ernährung beschäftigst. ist ja schon ein hohes Gut, unser Körper und das, was wir ihm geben.

      ich glaube es wird ein Mysterium bleiben, was bei mir los war

      gut vorstellen kann ich mir nach wie vor, dass die intensiven Meditationen von Joe Dispenza, die ich seit dem 3.12.21 jeden Morgen erlebe, damit zu tun haben

      aber Glutenunverträglichkeit gilt als unheilbar, nach wie vor. und deswegen lege ich nicht meine Hand ins Feuer dafür

      Es kann sein, dass ich einfach sensitiv war.

      Fakt ist, die glutenfreie Ernährung hat mir geholfen gesund zu leben.

      und die mittlerweile sechs Leberreinigungen haben mir neue Energie geschenkt.

      ich hoffe das beantwortet zunächst seine Frage, liebe Anja.

      es war sehr schön von dir zu hören

      LG
      Tanja

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