Ich sitze in der Bar des Crown Plaza Hotels, trinke einen Cappuccino, von dem ich eigentlich nicht wissen will, wie viel er kostet, und möchte dir mitteilen, was du aus meinem Besuch in Zürich für deine Verhandlungen und dein Wert als Filmschaffende und Kreative rausziehen kannst.

Schweizer Höflichkeit für deine Gagenverhandlung

„Es tuet mer leid für d’Unannehmlichkeite“, tönt eine sehr schwitzerdütsche Stimme durch die Ansage und das ICE-Abteil, das 4 1/2 Stunden zuvor noch so Deutsch anmutete, hat plötzlich eine schweizerische Mentalität. Ich bin unterwegs von Berlin nach Zürich, zum „Sigrun Live“ Event.

Schweizer*innen steigen ein, nehmen Platz.

Ich bin „Lieblingsgast“ der Bahn!

Die Durchsage des Bahnmitarbeiters geht weiter: „Ich würd Ihne gern g’naue säge, was de Grund isch, warum mir 20 Minute z’spät sind. Ich ha mehreri Sache uf mim Zettel, wo in Frag chöme. Da stoht ‚E vorausfahrende Zug het Verspätig‘ und ‚Grund defür isch e Baustell‘, denn wieder der vorausfahrende Zug. Aber ich cha Ihne eifach nöd säge, was de wirkliche Grund defür isch. Das tuet mir sehr leid. Mir bemüehe üs, die Verspätig ufz’hole und in Züri schnäller az’cho.“

Ich denke sofort: Wie höflich und ehrlich. Haben die Schweizer es mehr verdient, dass man sich bei ihnen entschuldigt, als die Deutschen? Ich beginne zu verstehen, was Schweizer Freunde damit meinen, wenn sie sagen, man wird in Deutschland nicht so gut behandelt. In der Schweiz wird man einfach anders behandelt, als hätte man mehr Wert und Achtung gegenüber den Mitmenschen.

Also mein Rat: Empfinde dich beim Verhandeln als Schweizer*in. Du bist wertvoll. Du wirst geachtet und geschätzt.

Wenn es dir hilft, sprich ein bisschen Schwitzerdütsch…. 😉

Meister des Abgrenzens: Lass dir nicht in die Karten gucken

2019 war ich schon einmal in Zürich, zur Premiere von „Zwingli“, einem Film, bei dem ich damals in der Funktion als Schnittassistentin mitgewirkt hatte.

Bahnhof Zürich

Ich traf mich mit Maya, einer wunderbaren Freundin des Editors Kaya Inan. Sie hatte mir einen Schlafplatz geboten. Ich traf mich mit ihr in einer Bar. Schon damals war ich fasziniert von der Schweizer Mentalität.

„Es ist krass wie höflich die Schweizer sind. Wie siehst du das?“, fragte ich sie damals.

Ich weiß noch, wie mich das, was sie sagte, überraschte: „Ja, die Schweizer sind sehr höflich, aber sie sind auch unnahbar. Es ist schwierig an sie ranzukommen.“

Es sei eine höfliche Distanz.

Wenn wir in Verhandlungen gehen, um unseren Wert festzulegen, gegenüber Vorgesetzten, Produzentinnen oder Auftraggeberinnen, kann uns diese Art pragmatisch-höfliche Distanz helfen, Grenzen zu setzen.

Du kannst dich einfach als etwas betrachten, das einen Wert hat, statt damit zu struggeln, wie viel Geld du jetzt einfordern darfst.

Lass dir nicht in die Karten gucken und gebe nur so viel preis, wie es dir dienlich ist.

24,25 % mehr Cappuccino-Wert: Wie du dir demnächst die Preise erhöhst

In dem Moment, wo ein Mensch die Grenze übertritt zu einem Land, das günstiger ist als das eigene, fühlt er sich reicher und in der Lage die Welt zu kaufen.

Wenn im Umkehrschluss ein Mensch, also in dem Fall: ich, die Grenze übertrete zu einem Land, das teurer ist als „meines“ fühle ich mich, als hätte ich weniger.

Wie privilegiert dieser Gedanke ist! Aber es ist gut, einmal in dieses Gefühl zu kommen, in ein Land mit höherem Lebensstandard zu reisen. Es hilft das Konstrukt „Geld“ anders wahrzunehmen.

Als ich im ICE von Berlin nach Zürich saß, passierte etwas, das ich noch nie erlebt habe. Vor meinen Augen verwandelte sich ein und dasselbe Produkt in ein wertigeres Objekt.

Die Rede ist von einem Cappuccino.

Noch in Deutschland kostete der Cappuccino 4 €. Kaum war die Grenze zur Schweiz passiert, verwandelte er sich in einen Cappuccino, der 4,80 CHF wert war. 4,80 CHF sind an dem Tag, da ich diesen Artikel schreibe, 4,97 € wert. Im selben Zug, an einem anderen Ort, war also derselbe Automatencafé um 24,25 % gestiegen.

Wie wäre es, wenn du, bevor du deine nächste Gagenverhandlung führst einfach in den Zug einsteigst, von Berlin nach Zürich? Verhandle 24,25 % mehr!

„Das alkoholfreie Weizen? Machen wir 10 CHF.“

Das Bier

Als ich durch die Straßen Zürichs schlendere und in den Restaurant-Menü-Aushängen bekannte Speisen entdecke, die mit einem doppelt, dreifach oder vierfachen Preis ausgezeichnet sind, bin ich fast schon fasziniert, wie weit entfernt das Angebot von dem ist, was ich für angebracht halte.

Am Abend trank ich ein alkolfreies Weizenbier an einer Schweizer Hotelbar. Und der Preis lies mich so stark aus den Latschen kippen, dass ich fühlte, wie innerlich mein ganzes Wertesystem shiftete.

Das ist ein Feeling, das alles aushebelt, was ich bisher über Geld gedacht habe. Es ist soweit weg davon, wie ich investiere, dass ich denke: „Jetzt ist es auch egal.“

Als ich vorgestern aufstand, um mein alkoholfreies Bier zu bezahlen, spekulierte ich auf 7 CHF … Doch an der Bar angekommen, konnte der Kellner meine Preisvorstellung toppen:

„Das alkoholfreie Weizen? Machen wir 10 CHF.“

Ein interessanter Ruck ging durch meinen Körper. Hatte ich mich verhört? So weit davon entfernt war ich also, was ich für möglich hielt. Und obwohl das ein großer Stretch war, fühlte ich die Wertigkeit dieses Produktes. Ja, was hier 10 CHF kostet, kriege ich in der Heimat für die Hälfte oder auch ein Drittel, aber ich bin nunmal hier, auf anscheinend wertigerem Boden.

Dein SelbstWERT steigt mit deiner Gage

Wenn wir eine Gage verlangen, die unser Vertragspartner verblüfft, können wir davon ausgehen, dass er beginnt sich zu fragen: „Wow! Was hat sie, was andere nicht haben?“

Hier sitze ich, während ich diesen Artikel schreibe. In der Bar vom Crown Plaza Hotel, Zürich

Er oder sie mag sich vielleicht auch denken: „Spinnt die?“ aber im Kern, das garantiere ich, wird er dich abspeichern als jemand, die weiß, was sie tut. Und die weiß, was sie Wert ist. Du bist in dem Moment der wertige Boden, auf den man bauen kann. Und wenn die Produzentin dich engagiert, kannst du davon ausgehen, dass sie weiß, was sie an dir hat.

Mit welchem Geschick und Selbstverständnis spielst du deine Karten am Verhandlungstisch aus?

Stell dir mal vor, was für eine Wertschätzung das für dich ist…. wenn du im entscheidenden Moment mutig bist.

Das Bier in der Schweiz ist ein ähnliches Bier wie in Deutschland. Es hat nur ein anderes Preisschild. Der Cappucino im Zug nach Zürich, ändert nicht seine Konsistenz und doch wird er weiterhin gekauft.

Ich wertschätze das 10 CHF alkoholfreie Weizen als einen Invest in einen Abend voller regem Austausch. Am Ende vom Tag ist Geld ein Mittel und was wir damit machen ein Übungsfeld.

Wie übst du?

Ki Dall-e kreierte Vision von Money Mindset in der Schweiz! Love it!

Das war mein Gefühl von Schweiz für deine Gagenverhandlung.

Nimm das Schweizer Gefühl, wenn du beim nächsten Gagengespräch auch nur im leisesten mit dem Gedanken spielst, wieder nicht an der Preisschraube zu drehen.

Ich esse derweil einen wertigen Caeser Salat mit crispy Tofu, in der Bar vom Crown Plaza Hotel.

Lass uns sprechen, wenn du dich in Sachen Gage stretchen lassen möchtest.

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