Dieser Text ist mein Beitrag zur Blogparade Songwriting: Das war mein erster Song und darum habe ich ihn geschrieben.

Die Vision ist, dass wir alle an einem Lagerfeuer zusammensitzen und uns erzählen, wie wir unseren ersten Song geschrieben haben. Und dann spielen wir ihn in diesem wunderbar wertschätzenden Setting vor.

So ist das für mich gleich meine Geschichte zu erzählen

Das Lagerfeuer knistert. Zwanzig musikalische Seelen sitzen um das Feuer und wärmen sich. Ein paar Gitarren lehnen an den Bänken. Reihum teilen die Anwesenden ihren aller ersten Song und erzählen, wie sie ihn geschrieben haben und warum.

KI generierte andächtige Stimmung an unserem digitalen Lagerfeuer.

Es werden Songs über Liebe, Leichtigkeit, Schwermut, Lebenskraft und Freundschaft geteilt. Einer nach dem anderen erklingt. Es ist eine besondere Runde, denn mit jedem Song teilen wir unser erstes Excitement, unser erstes Mal Songschreiben.

Hier zu sein fühlt sich nach Verbindung an. Und ich weiß, wenn ich gleich dran bin, zu erzählen und zu spielen, wird mich das sehr glücklich machen. Vorausgesetzt ich erlaube mir, diesen Raum einzunehmen.

Und das schreibe ich obwohl sich dieses Szenario für diese Blogparade „nur“ in meinem Kopf abspielt. Und meinem Herz.

Das ist meine Geschichte

Das Wort geht an mich weiter. Ich bin dran.

Ich atme tief ein uns aus, schau mich in der Runde um. Ich lächle und habe ein Glücksgefühl, weil ihr zurück lächelt. Also erzähle ich im Lagerfeuerschein:

„Hallo zusammen, ich bin die Tanja aus Unterfranken und ich habe meinen allerersten Song 2008 geschrieben. Nun ja, streng genommen, habe ich schon vorher eigene Melodien und Stücke gesungen, aber 2008 schrieb ich ein Stück, das ich im Nachhinein als meinen ersten Song „verbuche“.

Damals war ich gerade das erste Mal von zuhause ausgezogen. Ich war 20 und startete mein Studium in Marburg. Ich war voller Entdeckungsenergie. In meine erste WG ziehen, war für mich ein großer Befreiungsschlag, sehr empowernd. Ich weiß noch, wie ich in meinem kleinen 12 m2 saß. Meine Füße hatte ich auf den Tisch gelegt und ich dachte an meinen damaligen Freund. Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte und gab mich Überlegungen hin.

Da spürte ich wie das Epiano in meinem Rücken nach mir rief. Ich wendete mich um, nahm die Füße vom Tisch und setzte mich ans Klavier. Ohne Zögern. Ich hatte gerade erst mit Klavier spielen begonnen und konnte noch nicht viel.

Ich spielte die Akkorde Ab und Eb an. Ich weiß nicht, wie lange ich es tat. Immer wieder dieselben Akkorde ertönten. Ab und Eb. Bis ich anfing zu singen. Und als ich sang, setzte sich alles auf einmal zusammen. Alle Gefühle, die ich in letzter Zeit empfunden und von denen ich mich hatte durcheinander wirbeln lassen, bekamen jetzt ihre Stimme.

Ich hatte einen sehr lieben Freund, aber es war an der Zeit, weiterzuziehen, das Alte loszulassen, ein neues Leben zu beginnen. Ich begann zu verstehen, dass ich eigentlich frei sein wollte. Ich hatte erkannt, dass diese Liebesbeziehung nicht „das Richtige“ für mich war. Oder um ehrlich zu sein, dass er nicht der Richtige für mich war.

Heute sehe ich das nicht mehr so, dass es jemanden gibt, der der Richtige ist. Aber immer, wenn ich mich an diesen Song erinnere, ihn singe oder höre, dann spüre ich diese Hoffnung, dass ich jemandem begegne, der mein Deckel ist und dass dieser jemand noch da draußen ist und auf mich wartet.

Dieser Song zeigt mir ein Excitement auf das Leben. Wo mich damals die Faszination, den EINEN zu finden antrieb, ist es heute die Lust darauf, persönlich zu wachsen und einfach Ich zu sein. Mich zu entfalten, auszudrücken und weiter zu gehen. Immer weiter zu gehen.

„Now I’m free“ zeigt mir, dass das Leben voller Hoffnung, Träume und Empowerment ist. Und ich bin sehr sehr froh, dass ich ihn geschrieben habe.

Eine Besonderheit möchte ich gerne mit euch teilen. Und zwar, was die Form anbelangt. Aber zuvor möchte ich ihn gerne für euch singen.“

Der Songtext meines ersten Songs

Ich atme tief ein uns aus. Ein Songschreiber neben mir reicht mir seine Gitarre. Es ist Kai, mein Musikpartner aus Marburger Zeiten. Und ich singe meinen ersten Song für euch.

„Now I’m free“ von Tanja Zilg

Verse 1
Now that it’s over
I can breath again
Now that I’m back here
alone – I can fly

Verse 2
But I wonder
how this can happen
though I feel sorry
I don’t regret it

Refrain
Cause now that I broke the spell
I just can’t go further
lying to me that you’re the one
while I know you’re not
while I know you’re not

Bridge
Sorry I’m walking down the street
with a smile on my face
a bright smile
Sorry I better go off without you
at all – at all

Refrain
Cause now that I broke the spell
I just can’t go further
lying to me that you’re the one
while I know you’re not
while I know you’re not

Brigde 2
Cause noooooooow
I am free
Now that Iiiiiii am free
noooooow
I can do what I want!
Yeah

Mein erster Song „Now I’m free“

Warum ich erst später verstand, dass „Now I’m free“ ein fertiger Song ist

Als ich mit dem Song fertig bin, herrscht eine kurze Stille. Und dann klatschen alle. Es ist so schön. Ich fühle mich sehr getragen und angenommen. Ich gehöre hierhin: zu dieser Gruppe von Menschen, die alle eint, dass ihnen musikalischer Ausdruck viel bedeutet.

Ich spüre den Impuls weiter zu sprechen und merke, wie dieser Raum, mich mitzuteilen genau richtig ist. Wie ich diesen Raum einnehmen kann. Ich fühle, dass mir alle diesen Raum geben, so wie den Songschreiber*innen vor mir und nach mir.

Ich schaue mich in der Runde um. Ein paar wunderbare Menschen nicken mir zu.

„Ich habe gesagt, dass ich noch etwas zur Form sagen möchte. Es ist nämlich so, dass ich diesen Song lange nicht als Song angesehen habe. Denn er hat eine ungewöhnliche Struktur. Und oft habe ich probiert ihn um weitere Teile so zu erweitern, dass er im klassischen Sinne ein fertiger Song ist.

Nach den ersten beiden Versen kommt der Refrain. So weit so gut. Aber danach kommt die Bridge, also ein anderer Teil und wieder der Refrain und dann wieder ein anderer Teil. Die zweite Bridge. Wie verrückt ist das denn! Ich probierte oft, noch zwei Verse im Stile der ersten einzubauen, aber egal wie ich es drehte und wendete, der unmittelbare Zauber dieses Songs war für mich immer weg, wenn ich die Struktur veränderte.

Es brauchte echt lang, bis ich verstand: Das ist der Song!

Und nicht nur das! Ich begann auch zu denken, es ist kein fertiger Song, weil er nur zwei Akkorde hat. Zwei Akkorde. Das kann doch kein Song sein. Der muss doch varieren. Der braucht doch Abwechslung. Also bekam er irgendwann einen dritten Akkord: Bb.“

Ein paar der Musiker*innen in der Runde lachen, erkennen dieses Gefühl wieder. Ich merke, dass sie auch ihr ganz eigenes Thema mit dem Thema „Songs als fertige Songs annehmen“ haben.

Das passierte, nachdem ich den Song geschrieben hatte

Ich schaue mich nochmal um, um zu gucken, ob Interesse daran besteht, dass ich weiter spreche. Und empfinde mit einem Glücksgefühl, dass der Raum noch da ist. Also spreche ich weiter:

„So schön der Moment war und so gut es sich anfühlte, diesen Song zu schreiben und mit ihm zu erkennen, dass ich frei sein möchte, so schnell lies ich den Song auch verschwinden.

Es folgten Jahre, in denen ich das schreiben wollte, was erfolgreich sein könnte. Das schreiben wollte, was andere hören wollen könnten. Dabei baute ich absichtlich komplexe Strukturen. Ich bildete mich in Jazztheorie fort und konnte bald alle II-V-I Verbindungen auf dem Klavier. Immer wenn mir etwas zu einfach schien, haute ich eine Dissonanz rein.

Und wisst ihr was?

Wenn ich mir doch erlaubte,  meinen aller ersten Song auszupacken, erfüllte mich immer wieder Frieden. Immer wieder dieses Gefühl wieder frei zu sein. Einfach weil ich und die Situation so eng mit dem Song verbunden sind.

Was der Song mir heute bedeutet

Heute ist der Song für mich ein Sinnbild für meine Art ehrlichen Song. Ich habe damals nicht daran gedacht, was ich mit diesem Song tun wollte. Er war nicht ein Mittel zum Zweck. Er wollte einfach sein. Und er befreite mich. Damals und noch heute.

Damals hat er meinen Trennungsprozess begleitet und heute zeigt er mir, dass Musik mit einfachen Mitteln entstehen kann. Dass wir zwar mit Musiktheorie andere Songs schreiben und andere Türen aufgehen, aber dass die Zauberkraft eines Songs unabhängig unseres Wissensstandes ist.“

Ich schaue mich um und spüre, dass meine Erzählung fertig ist.

„Hach, vielen Dank. Es hat sehr sehr gut getan, das mit euch zu teilen. Ich freue mich so, dass wir uns hier treffen und über diesen ehrlichen Austausch. Danke von Herzen. So und nun bin ich gespannt, was du erzählst.“

Es wird geklatscht und ich fühle wieder diese Verbindung. Ich weiß, dass ich heute nacht selig einschlafen werde und morgen mit diesem Gefühl im Bauch erwache. Diesem Gefühl von Frieden.

Du sitzt neben mir und bist als nächstes dran. Was ist deine Geschichte? Die digitale Runde ums Lagerfeuer freut sich schon dir zuzuhören. Kreiere deinen eigenen Moment für die Gemeinschaft.

Lies gerne bei meinem Aufruf zur Blogparade Songwriting, wie du bei dieser Aktion teilnehmen und deine Geschichte teilen kannst. Ich freue mich auf deinen Beitrag.

Und wenn du magst, schreibe deinen nächsten Song mit meinem PDF „Starterpaket in deine Songwritingroutine

5 Comments

  1. Liebe Tanja, hörst du es? Mein Beifall zieht zu dir hinüber ans Lagerfeuer. Danke, dass ich dir und der Geschichte deines ersten Songs lauschen durfte. Ich bin zwar vollkommen unmusikalisch, aber ich schreibe gern und so wie es mit dir in deinem ersten Song war, so war es für mich mein erstes Gedicht, welches mich immer wieder beschäftigte und ich doch immer zur ersten Fassung zurückkehrte, weil es einfach schon ein Gedicht war, während ich mir noch Mühe gab, eines daraus zu machen. Ich hoffe bald den Song auch hier hören zu können, das habe ich gerade echt vermisst. Wäre ich Musikerin, ich hockte gern mit dir und den anderen am Feuer und lauschte euren Geschichten. Herzliche Grüße Sylvia

    1. Liebe Sylvia,
      Ja ich höre ihn, dein Beifall und freue mich sehr.
      vielen vielen Dank. Du bist herzlich willkommen an unserem Lagerfeuer zu sitzen, zu lauschen UND auch dein Gedicht vorzutragen. Denn Gedichte klingen auch sehr schön am Lagerfeuer.
      Mittlerweile habe ich den Song auch auf Instagram gespielt und hier eingebettet. Du kannst ihn also nun hören.
      Gibt es dein Gedicht irgendwo zu lesen?

      Lieben Gruß,
      Tanja

      1. Liebe Tanja, wie schön, dass ich an deinem Lagerfeuer willkommen bin! Wie schön, dass du den Song jetzt eingefügt hast. Ich hatte gerade Gänsehaut beim Hören deines ersten Songs. Die Befreiung ist hörbar, spürbar.
        Mein ersten „fertigen“ Gedichte sind die Kinderlieder, in denen ich in der Mitte meiner 20er-Jahre versucht habe, die in der Kindheit erlebte sexuelle Gewalt zu verarbeiten. Die findest du hier: https://www.sylvia-tornau.de/kinderlieder/. Mein erstes „erwachsenes“ Gedicht findest du hier: https://www.sylvia-tornau.de/iphigenie-zwei/. Liebe Grüße Sylvia

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